Studium mit Behinderung – geht das in Emden?
Erfahrungsbericht
Als ich am 15. September 2000 in mein Auto stieg und nach Emden fuhr vermischten sich meine positiven Erwartungen an das künftige Studentenleben mit Unsicherheit und einigen Ängsten. Die vertraute Umgebung zu verlassen mag jedem ein mulmiges Gefühl verschaffen, ich sah mich aufgrund meiner Kleinwüchsigkeit aber auch mit vielfältigen Schwierigkeiten konfrontiert, deren Ausmaß ich nicht voraussehen konnte. Doch meine Befürchtungen sollten jeden Tag ein wenig entkräftet werden. In den ersten beiden Wochen meines Studentenlebens nutzte ich die viele Freizeit und das schöne Wetter, um die Umgebung zu erkunden, dabei lernte ich auch die ostfriesische Einsamkeit kennen.
Mit Beginn der Vorlesungen aus dem Fachbereich Sozialwesen füllte sich allerdings mein Stundenplan, und die Zeit, die ich in der FH verbrachte, nahm zu. Viele neue Gesichter, die mir nur von den Einführungstagen bekannt waren, bekamen endlich Namen und wurden schnell zu „Persönlichkeiten“. Hier ist es von Vorteil, dass der Studiengang Sozialmanagement jung und die Gruppe der Studenten/-innen noch überschaubar ist. Während sich Professoren und Dozenten in freundlicher Zurückhaltung übten, wuchs das Entgegenkommen meiner Kommilitonen und anderer Studenten stetig.
Zur Zeit genieße ich alle Facetten, besonders die schönen, des Studentenlebens. Zum Glück konnte und kann ich auf meine Selbständigkeit und auf die Unterstützung von anderen Studierenden bauen und bin nicht auf besondere Hilfe der Fachhochschule angewiesen. Denn die Mühlen dort arbeiten langsam und müssen in vielen Bereichen erst noch angestoßen werden, um das Studium für Behinderte zu erleichtern und eine Selbständigkeit, z. B. in der Mensa, der Cafeteria und in der Bibliothek zu gewähren. Aber: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, und ich vertraue darauf, dass Anregungen angenommen und auf ihre Realisierbarkeit geprüft werden.
Erfreulich ist, dass es auch in der FH Emden im AStA ein Referat für Behinderte und chronisch Kranke gibt. Es ist unter der e-mail-Adresse asta-behinderte@agent.fho-emden.de zu erreichen ist. Kompetente Auskunft gibt auch die Beraterin für Behinderte und chronisch Kranke des Studentenwerkes Oldenburg, Wiebke Hendeß (wiebke.hendess@sw-ol.de), die zwar nicht vor Ort ist, mir aber immer wieder telefonisch oder per E-Mail Anregungen und Tipps bei anstehenden Problemen, z.B. zur Wohnungssuche, gab.
Studium mit Behinderung ist machbar in Emden. Der Campus ist überschaubar, die Wege nicht zu lang, und nach einem Semester findet man die Fahrstühle ohne große Probleme. Es geht aber nicht ohne Eigeninitiative! Man muss um Hilfe bitten und diese auch zulassen und sich gelegentlich durch das organisatorische Chaos kämpfen, um z.B. einen Schlüssel für den Parkplatz zu bekommen, auf dem es ausgewiesene Stellplätze für Rollstuhlfahrer gibt. Neuankömmlingen ist zu raten, sich rechtzeitig um Wohnmöglichkeiten zu kümmern und den besonderen Bedarf diesbezüglich vorher anzumelden.
Ausgerüstet mit einer guten Portion Humor, Hartnäckigkeit und dem Willen, neuen Herausforderungen entgegenzutreten, ist meiner Meinung nach ein Leben und Studieren in Emden auch mit Behinderung nicht nur machbar, sondern auch zu empfehlen.